Immer das gleiche, wenn Muddi verreist. Was bring ich nur mit?

Von Sibylle Hager – Anflug Cannes. Beim studieren der Veranstaltungsapp wechselt mein Gefühl von neutral nach panisch ob der Fülle des Angebots. Das kann ja nur in einem Kater enden: „Ich hab das falsche angeschaut, ich hab das Beste verpasst“. Also setze ich mir lieber gleich einen Filter. Rein pragmatisch gedacht… mal überlegen… ich bin eine Frau, ich mache was mit Werbung… Frauen! Frauen in der Werbung! Female Creative Leadership! Ich habe zwei Töchter, die Große ist fertig mit der Schule und will in meine Branche, am Ende sogar den gleichen Job machen. Sie wird sagen, „Mudder, ich komm schon klar!“, aber spätestens hier frage ich mich, welches Selbstverständnis im Job ich tatsächlich vorgelebt habe. Und was könnte ich ihr aus Cannes mitbringen? Was könnte ich jungen Mädels in Baden-Württemberg, die in unsere Branche einsteigen möchten, mitbringen? Ich hab eine Mission. Und eine Frage an die kreativen Ladies in Cannes: Why are you where you are today?

Plötzlich wird die Programmwahl ganz einfach. Gleich am ersten Tag steuere ich die Girls Lounge von „The Female Quotient“ an. Die äußerst erfolgreichen weiblichen Führungskräfte haben eine Bewegung geschaffen. Hier in Cannes zu erleben in einer schier unerschöpflichen Reihe an lässig eleganten Talkformaten. Ein luxuriöses Ambiente, #morethanrosé, auch Kupfer. Vielleicht etwas zu viel Rosa und Kupfer um auch männliche Führungskräfte abzuholen. Dennoch sind einige anwesend. „Männer, teilt Eure Macht mit Frauen und Ihr werdet davon profitieren.“ Nur eine der Proklamationen während der Tage. Why are you where you are today? Später am Nachmittag stelle ich Nancy aus New York meine Frage. Ihre Antwort: „Somebody put a chance on me!“

„Equal Currency, Why Financial Empowerment Matters“ ist die Headline für den nächste Talk. Zukunftsforscherin Faith Popcorn hat als Einzige Moderationskarten dabei. Nicht, weil sie mit 71 eine Gedächtnisstütze braucht: sie liefert humorvoll die passenden Zahlen und Prognosen zu den Statements der Geschäftsfrauen und Unternehmerinnen im Talk, allesamt smart und charmant im Gespräch, nahbar und geradeaus. Jede ein Rollenvorbild für Frauen im Job. Wenn ich die Atmosphäre und die vermeintlichen Mietkosten für die Suite mal überschlage: Ein paar Leute haben offenbar kapiert, dass Frauen der neue große Markt sind. Ladies – wir können diesen Markt mitgestalten. Money matters! Wer Geld hat, kann entscheiden, wohin es fließen soll. In Ernährung, Bildung oder in Waffen? Wege zur Gleichberechtigung im Business findet Ihr im „Modern Guide to Equality“ auf thefemalequotient.com.

Nächstes Mitbringsel: Katrin Öding. Mega coole Frau. Der Gegenentwurf zu Kupfer und Rosa. Der Luxus, den die Deutsche Designerin und erfahrene Cannes Jurorin versprüht ist anderer Art: Schwarz mit Chromteilen und konsequenter Liebe für leidenschaftlich gutes Design. Wenn Ihr darüber nachdenkt in Cannes einzureichen, kontaktiert sie, schickt Ihr Euer Board und sie wird Euch Ihre ehrliche Meinung sagen. Das hat Sie uns bei unserem Frühstückstalk im Hotelgarten angeboten und ich denke, es gilt für alle, die es Ernst meinen. Achtung! Wenn Ihr Katrin trefft, solltet Ihr was zu sagen haben, denn sie verschwendet keine Zeit mit Sinnlosem und ist schnell weg. Richtig schnell weg, wenn das Fahrzeug stimmt und die Autobahn frei ist. Selbstbewusstsein, Mut und Spaß, ist die Antwort auf „Katrin, warum stehst Du, wo Du heute stehst?“

Am Donnerstag dann rein männlicher Besuch in Form von Nataniel Sijanta, Director Global Marketing Mercedes-Benz. Er kommt pünktlich vom Talk auf der She’s Mercedes-Bühne (ein Unternehmen aus Stuttgart hat die Sache verstanden, mit den Frauen und dem neuen Markt). „Nats“ – sehr sympathisch –  berantwortet zusammen mit Jörg Schultheiss, Matthias Schmidt und Marcell Francke von der Werbeagentur antoni unsere Fragen.

Leider komme ich nicht mehr dazu, die einzige Frage zu stellen, die mich wirklich interessiert: wie fädelt man so einen genialen Deal ein – Hausagentur der deutschen Premiummarke zu werden? Und ob da evtl. auch Frauen ihren Teil zu beigetragen haben. Hier kann ich also keine Erkenntnisse liefern. Dafür bringe ich am Ende noch einen ganz praktischen Tipp mit nach Hause: Mädels, werdet exzellente Texterinnen, bleibt am Puls und geht nicht nach Berlin, dann hat der kleine Stuttgarter Ableger der großen Hauptstadt-Agentur antoni vielleicht einen Job für Euch. Wenn sie es am Kreativstandort Stuttgart so lange aushalten.

So. Und jetzt hab ich ihn doch, den Kater. Ich hab was vergessen. Hab sicher was verpasst. Ich muss nochmals nach Cannes. Kommt mit!